Die Liebe – ein Thema mit Tiefgang

Einmal im Monat, immer Dienstagsnachmittags, treffen sich im Clubraum der Residenz Humboldthöhe interessierte Bewohner und Besucher zum Philosophischen Café. Cornelia Seidl von der Betreuung begrüßte Markus Melchers und die vielen Gäste ganz herzlich – fast drei Dutzend Damen und Herren waren gekommen. Der Philosoph unterhält in Bonn eine philosophische Praxis.

Wie immer startet die Diskussions- und Gesprächsrunde mit einigen Zitaten aus dem Mund des Philosophen und den Worten von Markus Melchers: „Jetzt sind Sie dran!“

Heute wolle man über ein Thema sprechen, von dem alle eine Vorstellung haben: Die Liebe. Sie scheint wohl eine Strategie der Natur zu sein und ist in erster Linie ein Gefühl, verbunden mit Zuneigung, Sympathie, Begehren und die Erotik hat ein gehöriges Wort mitzusprechen. Liebe ist kein Wissen und ein Zuhörer stellte in den Raum, das Liebe in reinster Form das Schönste sei, was man erleben könne. Da kam natürlich die Frage auf, was denn „die reinste Form“ sei. Ist Liebe nur unter Menschen möglich? Was unterscheidet die Tierliebe, Mutterliebe, Heimatliebe, Vaterlandsliebe, Liebe zu liebgewonnenen Gegenständen und Tätigkeiten voneinander. Scheinbar ist es schwierig eine allgemeine Definition zu finden, was denn Liebe ist. Wen könnte man als Liebesexperten fragen?

Biologisch ist es erforscht, was sich bei verliebt sein und bei dem Gefühl der Liebe im Körper tut – den Biologen und Medizinern sei Dank. Wobei man sich einig war, dass es ohne Zweifel einen Unterschied zwischen Liebe und verliebt sein gibt. Ja, Liebe, besonders der Zustand des verliebt seins mache manchmal blind – Liebelei sei etwas temporäres – Liebe jedoch etwas Beständiges – zumindest wünscht man sich das. Doch die vielfach erlebte Wirklichkeit sieht anders aus. Liebe ist ein irreführender Begriff und mit vielfachen Wünschen und Sehnsüchten in unterschiedlicher Art verbunden. Wie und woher kommt dieses starke Gefühl? Liebe kann einseitig sein, muss nicht erwidert werden, kann jemanden zum jauchzen bringen oder zutiefst enttäuschen. Liebe möge sich dann bewähren, wenn sie gefährdet scheint oder auch nicht bewähren, sondern durch die Gefährdung vergehen. Liebe lässt sich durch Handlungen erkennen. Was ist jedoch, wenn man jemanden liebt, dieser jedoch das nicht so empfindet, wie er sich dies wünscht und dann damit an der Liebe zweifelt.

Wer liebt, geht eine Verpflichtung ein – ist dies so? Liebe kann einseitig sein und somit auch krank machen. Die Gesprächsrunde stellte fest: Liebe könne man nicht fordern, sie ist freiwillig und wird einem geschenkt. Ist das immer so? Die Philosophie ist die Wissenschaft des Denkens. Man will durch den Verstand erklären, wie menschliches Verhalten und Erleben erklärbar ist. Und es scheint ein Wesen dieser Wissenschaft, des Denkens, zu sein, dass hinter jeder Antwort wieder neue Fragen auftauchen. Es scheint wohl so zu sein, dass ein Wesen der Liebe ist, dass das Wohlergehen des Anderen im Vordergrund steht. Liebe ist unmissverständlich mit Begriffen wie Treue, Vertrauen, Achtung, Respekt verbunden. Liebe geschieht freiwillig und ist nicht einzufordern. Freundschaft ist etwas symmetrisches zwischen zwei Menschen, man gibt gegenseitig – Liebe kann jedoch auch einseitig sein – vermutlich auch bedingungslos. Die Frage ist dabei nur, wer dabei Freude hat und wer eher das Leid.

Der Zauber der Liebe ist wohl unvergänglich

Vielleicht ändert sich die Vorstellungen von Liebe mit der Zeit. Und das „vielleicht“ möge eher zu einem „bestimmt“ werden. Liebe ist überall präsent, in der Werbung, in der Literatur und der Musik, im Film und Fernsehen und es gibt so gut wie keine Tabus mehr. Alle Türen stehen offen und man kann sich kaum vorstellen, was man vor fünfzig oder einhundert Jahren unter Liebe verstand oder sich vorstellte. Aber ist der Zauber der Liebe nicht unvergänglich? Unsere moderne Lebensführung unterliegt der Tatsache der Affektkontrolle. Unser Alltag sagt, dass es Wichtigeres gebe, als die Liebe, obwohl wir uns ständig danach sehnen. Es gab Zeiten, wo man mit 15 Jahren einen Beruf erlernte, sich dann einen Lebenspartner suchte, eine Existenz aufbaute und sich in dem Ort in dem man geboren war und lebte niederließ und diese Verbindungen blieben lebenslänglich bestehen. Die moderne Arbeitswelt fordert mehr Flexibilität, nicht nur bezüglich der Tätigkeiten, sondern auch bezüglich der Räumlichkeiten. Welche Auswirkungen hat dieses Muss an Flexibilität auf die Liebe? Müssen wir da umdenken? Geht etwas verloren? Wie bei so vielen menschlichen Phänomenen hat auch dieser Anspruch nach mehr Flexibilität positive und weniger positive Elemente.

Nach neunzig Minuten anregendes Gespräch stellte Philosoph Markus Melchers mit einem Schmunzeln fest: „Jetzt ist die Zeit schon wieder um und wir haben nichts geklärt!“ Wie immer schließt das Café mit zwei Zitaten aus dem Mund des Bonner Philosophen. Eines davon ist von Oskar Hassenkamp: „Liebe macht nicht blind. Der Liebende sieht nur weit mehr als da ist.“

Cornelia Seidl dankte ihm für die wertvollen Impulse und lud Bewohner und Besucher von außerhalb – das Philosophische Café ist eine öffentliche Veranstaltung – zum nächsten Café ein. Es findet am 4. Juni statt mit dem Thema: Wann ist der Mensch frei? Der Eintritt ist frei.

Beginn ist um 15.00 Uhr im Clubraum der Residenz Humboldthöhe. Vor 15.00 Uhr besteht die Möglichkeit zum Austausch bei Kaffee und Kuchen. Besucher von außerhalb können kostenlos den Hausbus zur Residenz nutzen.

Weitere Auskunft gibt: Dagmar Hett unter der Telefonnummer 0261 – 64030

Begrüßung des Philosophen Markus Melchers