Kaffeetrinken und philosophieren Residenz Humboldthöhe setzt Maßstäbe im Vallendarer Veranstaltungskalender

Das Rezept für das Philosophische Café in der Residenz Humboldthöhe hat nur die besten Zutaten: Man nehme aussagekräftige Zitate, einen klugen Philosophen und hochmotivierte und diskussionsfreudige Bewohner und Besucher. Zu Gast war der Bonner Philosoph Markus Melchers.

Heute stellte man sich der Frage: Wenn jeder an sich denkt, ist dann an alle gedacht ? Gedanken zu Egoismus und Gemeinwohl.

So vollbesetzt wie an diesem Dienstagnachmittag war der große Clubraum in der Residenz noch nie. Eine ganze Reihe von weiteren Stühlen mussten herbei geschafft werden, damit jeder einen Sitzplatz hatte. Ab 14.30 Uhr gibt es Kaffee und Kuchen und ab 15.30 Uhr geht es für neunzig Minuten an die philosophische Kost. Die Begrüßung des Gelehrten und der Gäste übernahm diesmal die Bewohnerin Gisela Kanter. Mitzudiskutieren ist beim philosophischen Café keine Pflicht. Man kann auch einfach nur zuhören und staunen auf welche gedanklichen Spuren man selber und andere kommen. Gäste von außerhalb sind herzlich willkommen und von dieser Möglichkeit machen immer mehr Besucher Gebrauch. Dabei ist es noch nicht einmal nötig mit dem eigenen Auto zu kommen. An Philosophienachmittagen steht der Hausbus für einen Transfer der Gäste kostenfrei bereit.

Egoismus ist ein notwendiger Schritt in der Entwicklung des Menschen

Wie immer gab Melchers den Gesprächsimpuls durch Zitate von Philosophen und führte freundlich und gekonnt durch die Diskussion. Man stellte verschiedene Thesen auf, entwickelte sie weiter, verwarf diese und formulierte neu. Egoismus sei ein notwendiger Schritt in der Entwicklung eines Kindes und wichtig zur Entwicklung zum Eigenbewußtsein. Die Erziehung forme und lenke dann weiter. Ist es egoistisches Handeln, wenn alle meine Handlungen nur stattfinden, wenn sie mir einen Vorteil verschaffen ? Das soziale Umfeld spiele wohl auch eine Rolle, um sich selbst und anderen gerecht zu werden. Der Mensch ist auf seine Gruppe bezogen und die kleinste Gruppe ist die Familie. Er möchte, dass es seiner Gruppe gut geht und handelt dementsprechend. Wer selbstbezogen denkt und handelt, ist in der Lage sich besser durchzusetzen. Das liege wohl in der Natur des Menschen und sichere sein überleben. So ist Egoismus wohl positiv und auch negativ zu bewerten; auch hat das menschliche Phänomen etwas mit Neid zu tun. Eine Selbstbezüglichkeit, die den anderen nicht im Blick hat, kommt dem negativen Egoismus wohl nahe.

Erziehung und kulturelle Faktoren steuern den natürlichen Egoismus

Der Mensch habe ein Bewusstsein von sich selbst. Egoismus setze somit ein zielgerichtetes Handeln vor und richtet sich ausschließlich auf das eigene Wohl. Eine gewisse Form von Egoismus, so stellte man fest, sei nützlich und gut. Wenn alle danach streben Anderen nützlich zu sein, sei dies nützlich für alle. Ein negativer Egoismus gehe zu Lasten Dritter. Das brachte den Begriff der Egozentrik ins Gespräch. Egozentrisch handle der, dessen alles Tun nur seinen eigenen Interessen nützt und steigere sich noch dahin, wenn das Handeln auf Kosten anderer ginge. Der Egoismus liege wohl in den Genen und diene der Selbsterhaltung. Erziehung und kulturelle Faktoren steuern diesen natürlichen Egoismus. Natürlicher Egoismus zeichne sich auch dadurch aus, dass der Mensch bereit ist, etwas für seine Gruppe zu tun, ohne direkt daraufhin eine Gegenleistung zu erwarten und zu bekommen. Dem Mensch sei die Bereitschaft zur Kooperation angeboren – um Ziele zu erreichen ist eine Zusammenarbeit wichtig. Somit gebe es wohl ein Egoismus, den niemand schädigt – eine Selbstsorge sozusagen. Das geschieht, um in der Lage zu sein für sich alleine sorgen zu können und auf sich Selbst zu achten. Egoismus, so stellten die Caféhausgäste fest und die Bändigung des genetisch bedingten Egoismus, geschehe durch Erziehung. Philosoph Markus Melchers erzählt aus einem Werk von dem Philosophen Immanuel Kant (1724 – 1804). Dieser stellte fest: „Der Egoismus kann logisch oder ästhetisch oder praktisch sein. Der logische Egoist hält es für unnötig, sein Urteil auch am Verstande anderer zu prüfen, gleich als ob er dieses Probiersteins nicht bedürfe. Der ästhetische Egoist ist derjenige, dem sein eigener Geschmack schon genügt. Endlich ist der moralische Egoist der, welcher allen Zweck auf sich selbst einschränkt, der keinen Nutzen worin sieht, als in dem, was ihm nützt.“ (Eisler, Kant-Lexikon S. 102, Berlin 1930)

Markus Melchers fasste die Thesen, die von den Caféhausgästen in den eineinhalb Stunden entwickelt wurden, nachvollziehbar und verständlich zusammen und verabschiedete sich mit einem weiteren Kantzitat: „Dem Egoismus kann nur der Pluralismus entgegengesetzt werden, d. i. die Denkungsart, sich nicht als die ganze Welt in seinem Selbst befassend, sondern als einen bloßen Weltbürger zu betrachten und zu verhalten.“

Der Eintritt ist frei. Gäste sind herzlich willkommen. Eine Voranmeldung ist nicht erforderlich. Weitere Informationen erhalten Sie von Dagmar Hett – Telefon: 0261 – 64030