Vom Los-lassen und Neu-beginnen – Vortragsveranstaltung in der Residenz Humboldthöhe

Neben kulturellen, gesellschaftlichen und geselligen Veranstaltungen stehen Vorträge zum Thema Gesundheit im Veranstaltungskalender der Residenz Humboldthöhe.

In der letzten Woche konnte Veranstaltungsleiterin Dagmar Hett die Neuwieder Kommunikationstrainerin, Coach und Logotherapeutin Hildegard Schanz begrüßen.

„Was ist Los-lassen wirklich und warum fällt es uns Menschen so schwer?“, fragte die Psychologin die Besucher und erzählte anschaulich, wie sie erlebte, als sie als junge Mutter ihr Kind in die Obhut des Kindergartens abgab. An ihrem Beispiel wurde deutlich, dass es schwer ist, etwas Liebgewonnenes in andere Hände zu geben. „Los-lassen kann ohne Vertrauen nicht geschehen“, stellt Hildegard Schranz klar. Nur wenn man keine Angst und Sorge vor Neuem habe und auf das Zukünftige vertraut, und zwar in der Hinsicht, dass das Neue eher nützt als schadet, kann Los-lassen heilsam sein. Jedoch ist es so, dass man wohl in ein Loch fällt – alles scheint anders, und dieses emotionale Loch möchte gestopft werden.

Auch kleine Schritte können befreien

Es gebe, so Hildegard Schranz, verschiedene Lebensbereiche, wo Los-lassen nötig wird: Der Abschied von den erwachsen werdenden Kindern, der vom Beruf oder anderen Tätigkeiten, die das Leben stark bestimmen, ein Wegzug aus einer vertrauten Umgebung und ein Neuanfang, eine neue Partnerschaft oder eine neue Arbeitsstelle…und ganz sicher nicht zuletzt der Abschied vom Leben, der Verlust lieber Menschen für ewig. Los-lassen eines Menschen ist ein Zeichen größter Liebe, denn der andere Mensch gehöre mir nicht, sagte die Psychologin den Vortragsgästen.

Berufliches Los-lassen, eine andere Lebensperspektive zu betrachten und dann einzuschlagen, Träume zu verwirklichen, Neues zu wagen, bietet Chancen, bringt Abenteuer mit sich, macht frei. Das müssen nicht unbedingt große Sprünge sein, kleine Schritte können ebenso befreien. Zum Beispiel jemanden in einer anderen Art zu begegnen, etwas wagen, was man schon immer wollte, etwas fragen oder sagen, wozu man sich nicht traute. Los-lassen kann frei machen und Ballast abwerfen befreit. Los-lassen könne eine Entlastung sein im Vertrauen darauf, dass alles positiv wird und ist.

Begeben wir auf die Piazza der Gegenwart

Und eine Lebensweisheit ist, dass man Vergangenes nicht mehr beeinflussen kann. Ausschließlich das „Jetzt“ ist gestaltungsfähig – im eingeschränktem Maße auch das Zukünftige. „Die alten Sachen sind in den Scheunen der Vergangenheit gut aufgehoben“, so Hildegard Schranz. Und wenn man bei diesem Bild bleibt, kann man ergänzen: Verlasse die Scheunen der Vergangenheit und begebe Dich auf die Piazza der Gegenwart mit all ihren Möglichkeiten.

Das schwerste Los-lassen ist das Los-lassen eines geliebten Menschen, wenn dieser stirbt. Im Clubraum herrschte eine vertraute Atmosphäre und so erzählten die Anwesenden von ihrem persönlichen Erleben zum Thema Los-lassen. Das war sehr bewegend.

Nichts ist sicherer als der Tod und die Endlichkeit macht ohnmächtig. Vertrauen, auch der Glauben, gibt eine tragende, heilende Kraft. Manche können von dieser Welt nicht gehen, weil sie von anderen festgehalten werden. Dabei ist es klar, dass wir an einem anderen Menschen kein Eigentum haben. Zum gehen lassen ist Vergebung nötig und das Gegenteil von Vergebung ist Nachtragen. Die Last des Nachtragenden liegt jedoch immer bei ihm selber und er schleppt diese Last dem anderen hinterher – das kostet sehr viel Kraft und macht nicht froh. Jeder braucht seine individuelle Zeit zum Los-lassen und Versöhnung mit vergangener Situation tut gut. Wenn Trauer in Dankbarkeit münden kann ist dies positiv. Hildegard Schranz zum Ende der Veranstaltung: „Los-lassen bedeutet Frieden, Liebe und Vergebung.“

Und wie formulierte der Dichter Hermann Hesse: Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.